Der städtebauliche Masterplan MG3.0 setzt an den Stärken der Stadt an und versucht diese deutlicher zu betonen, weiterzuentwickeln und dadurch neue städtebauliche Qualitäten zu schaffen. Aufbauend auf der Charta für urbanes Leben wurden daher strategische Ziele für Mönchengladbach entwickelt.

Bei der Erarbeitung der strategischen Ziele waren die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger an ihre Stadt eine wichtige Quelle der Inspiration. Denn eine Masterplanung kann nur städtische Räume anbieten; die aktive Inanspruchnahme obliegt jedoch den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt. Und nur ein Masterplan, der von den Menschen angenommen und gelebt wird, kann Wirkung entfalten. Die Aufnahme und Gewichtung der Ansprüche der Bürgerschaft war daher einer der zentralen Bestandteile des Planungsprozesses.

Fünf strategische Ziele haben sich im Verlauf der Masterplanung herauskristallisiert:

1. Vielfalt und Belebung

Grundlage florierender Städte ist ein umfassendes und gut gemischtes Angebot an Nutzungen. Mönchengladbach bietet eine ausgewogene Nutzungsverteilung mit Dienstleistungen, öffentlichen Einrichtungen und Handelsnutzungen.

In den Außenbereichen hingegen zeigt sich diese lebendige Nutzungsmischung verwässert und wird teilweise durch großflächigen oder wenig urbanen Einzelhandel, sowie Geschäftsstrukturen, die keine Orte bzw. keinen Charakter schaffen, dominiert. Dieses Phänomen wird durch das Fehlen von Übergängen zwischen dem Kernbereich und dem Stadtrand noch verstärkt.

Grundsätzlich wird auf dem in Mönchengladbach bestehenden Nutzungsmix aufgebaut. Neue Entwicklungen, wie z.B. die Büro- und Dienstleistungsangebote einer City-Ost und der Forschungspark an der Hochschule, stärken die wirtschaftliche Basis der Stadt. Der Innenstadtbereich soll klar definiert werden, indem die Straßen dort mit Wohn- und Geschäftsnutzungen angereichert werden, die zur Belebung und Aktivierung beitragen.

Um das Zentrum herum setzt sich der Stadtkörper aus einer Reihe von eigenständigen Quartieren bzw. Stadtvierteln zusammen. Aufbauend auf den bestehenden Charakteristika dieser Stadtviertel versucht der Masterplan, deren Verbindung untereinander sowie deren Ablesbarkeit zu verbessern.

Um die weitere Zersiedlung des Stadtrandes zu verhindern, wird die Anordnung von Wohnungsbaustrukturen als Stadtkante zur Abgrenzung gegen den umliegenden Landschaftsraum vorgeschlagen. So werden diese Freiräume belebt, und deren Wert und Nutzbarkeit als Naherholungsbereich wird gesteigert.

2.  Vernetzung und Mobilität

Nachhaltige und erfolgreiche Städte weisen in der Regel ein gutes Verkehrsnetzwerk auf.  Mönchengladbach profitiert von den guten regionalen Anbindungen zu den umliegenden Städten Düsseldorf, Köln, Venlo und Aachen, die durch ein leistungsfähiges Straßen- und Schienennetz sichergestellt werden.

Leider spiegelt sich diese hohe Qualität der Anbindung nicht im innerstädtischen Verkehrssystem wider, was in erheblichem Masse zu dem „bruchstückhaften“ Charakter der Stadt beiträgt.

60% aller Verkehrsbewegungen werden in Mönchengladbach mit dem Auto getätigt. In kaum einer anderen deutschen Stadt ist damit der Autoverkehr so dominant wie in Mönchengladbach.

Um positive städtebauliche Entwicklungen zu begünstigen und dem Mensch wieder mehr Raum in der Stadt zu geben, sollte es Ziel sein, den PKW-Anteil auf 40% zu reduzieren.

Dies ist nicht durch eine Behinderung des PKW-Verkehrs zu erreichen, sondern durch eine Stärkung der anderen Verkehrsarten wie Fuß- und Radverkehr sowie des öfentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Auch verkehrsträgerübergreifend sollten die Mobilitätsstrukturen in der Stadt überdacht werden.

An den Hauptverkehrsknotenpunkten muss für einen fließenden Übergang zwischen den Transportsystemen gesorgt werden, wobei ein vielfältiges und regelmäßig zur Verfügung stehendes Angebot von verschiedenen Verkehrsmitteln wichtig ist.

Die Fortbewegung wird darüber hinaus durch die erhöhte Hauptbahntrasse in Nord-Süd-Richtung behindert, die nicht nur eine physische Barriere darstellt, sondern die Stadt regelrecht in zwei Teile teilt. Der Masterplan versucht diese Barrieren zu entschärfen durch die Schaffung einer vernetzten Stadtstruktur und durch die Bildung von drei West-Ost-orientierten Achsen.

Die Förderung des Fuß- und Radverkehrs und des ÖPNV innerhalb von Städten ist der Schlüssel zur Schaffung eines gesunden Lebensstils und einem attraktiven, menschenfreundlichen Standort zum Wohnen und Arbeiten. Bewegungsflächen für Fußgänger, Radfahrer und den ÖPNV sind zwar vorhanden, ihre stadträumliche Verknüpfung weist aber an vielen Stellen Lücken auf.  Ziel sollte die Schaffung einer menschenfreundlichen Stadt sein, in der Fußgänger, Radfahrer, Busse und Autos nebeneinander existieren können.

Der Masterplan schlägt darüber hinaus folgende Bausteine zur Verbesserung der verkehrlichen Organisation und Struktur vor:

  •  Die Attraktivierung der Ankunftssituation an den Bahnhöfen Mönchengladbach und Rheydt. „Der erste Eindruck zählt“, und dieser ist für Bahnreisende in Mönchengladbach durchaus zu verbessern.
  • Die Verlängerung der S-Bahn bis nach Rheydt. Auch wenn diese Maßnahme kurzfristig kaum realisierbar ist, wäre sie langfristig von großer Bedeutung, um die innerstädtischen Verkehre zu entflechten.
  • Der Busverkehr sollte eine gesteigerte Wertschätzung erfahren,  z.B. durch eine ansprechende Haltestellengestaltung sowie eine bessere zeitliche Taktung zwischen Bus und Bahn.
  • Neue Formen der Mobilität sollten gefördert werden, z.B. durch Car-Sharing-Stationen an den Bahnhöfen, E-Bike-Stationen oder Stromtankstellen. Ein Verkehrsträger-übergreifendes Kombiticket ist wünschenswert.
  • Die Anbindung der innerstädtischen Gewerbegebiete an den LKW-Verkehr muss nachhaltig sichergestellt werden. Dabei ist zu prüfen, welche Routen zu einer Minimierung der Belastung für die Bevölkerung führen. Auch der Neubau von Entlastungsstraßen sollte dabei kein Tabu sein.
  • Ein zusammenhängendes Fuß- und Radwegenetz ist herzustellen. Im ersten Schritt sind dafür keine großen baulichen Maßnahmen notwendig, sondern in vielen Bereichen ist eine bessere Kennzeichnung schon ausreichend.

3. Der grüne Händedruck

Die Analyse des Stadtraumes und des die Kernstadt umgebenden Landschaftsraums von Mönchengladbach zeigt, dass die Stadt durch die sie umgebende niederrheinische Kulturlandschaft geprägt wird.

Diese Kulturlandschaft und der Niersgrünzug bilden den grünen Rahmen für die Idee des grünen Händedrucks. Bereits heute greifen fingerartig Grün- und Freiraumstrukturen in die Stadt. Eine Verknüpfung zwischen West und Ost, Nord und Süd geschieht über neu zu entwickelnde Grünzüge und Grünachsen, die die Stadt wie ein Webmuster durchziehen. Aufbauend auf diesen vorhandenen Grün- und Freiraumstrukturen wird das Landschafts- und Freiraumkonzept sowohl in den drei Entwicklungsschwerpunkten Gladbachtal, Hochschulachse und Innenstadt Rheydt als  auch übergreifend im Masterplan-Gesamtraum weiterentwickelt.

Wenn auch die stadträumliche wichtigen Entwicklungsszenarien in den drei West-Ost-Achsen Grünzug Gladbachtal, Grünverbindung Dahl-Hochschule-Schloss Rheydt und Grünverbindung  Schmölder Park-Bahnhof Rheydt-Niersaue zu sehen sind, ist doch innerhalb der Gesamtstadt die Vernetzung von Grün, Plätzen, sonstigen Freiräumen und Wegen nicht zu vernachlässigen.

Die West-Ost-Achsen bieten sich als „Kupplungsstücke“ für eine vielfältige Vernetzung grünen Verbindungen in Nord-Süd-Richtung an, darunter auch für eine grüne Stadtachse Abteiberg-Hochschule-Rheydter Markt.

4. Innenentwicklung

Eine eindeutige Trennungslinie zwischen dem besiedelten Bereich Mönchengladbachs und dem landwirtschaftlich geprägten Teil des Stadtgebietes führt zur Eindämmung der Zersiedelung und zur Schaffung einer nachhaltigen kompakten Stadt.

Mönchengladbach weist eine erhebliche Anzahl leerstehender und untergenutzter Grundstücke auf. Sie führen zu einer Reduktion der städtebaulichen Dichte und verhindern die Schaffung einer kontinuierlichen Baustruktur und durchgehender Straßenzüge. Auch der Stadtrand wird durch eine undifferenzierte Bauweise geprägt. Häuser richten ihre Gärten und nicht ihre Eingangsseiten zur Landschaft hin aus, wodurch die Schaffung einer belebten Stadtkante verhindert und unkontrolliertes Wachstum in die Landschaft gefördert wird.

Der Masterplan schlägt vor, zunächst die innerstädtischen Industriebrachen zu entwickeln, bevor Stadterweiterungen am Stadtrand vorgenommen werden. Ziel ist die Schaffung einer angemessenen Dichte innerhalb der Grenzen des bebauten Stadtraumes.

Die Eindämmung des Flächenwachstums der Stadt Mönchengladbach wird durch die Schaffung einer Stadtkante erreicht, die wiederum Entwicklungsmöglichkeiten für Wohnungsbauten in bevorzugter Lage in unmittelbarer Nachbarschaft zum Landschaftsraum bietet, der so in seiner Nutzbarkeit und Erlebbarkeit verbessert wird.

Die Stadtkante wird baulich definiert und Zersiedelung vermieden. Ein „Ausufern“ von nicht definiertem städtischem Raum in die Landschaft beeinträchtigt den Erhalt und die Sicherung der wertvollen Kultur- und Naturlandschaften rund um Mönchengladbach. Die Ablesbarkeit von Stadteingängen wird durch landschafts- und freiraumgestalterische Betonung von Entrees – sogenannter Stadtpforten – in Verbindung mit baulichen Akzenten verfolgt.

Unter Berücksichtigung vorhandener landschaftlicher Strukturen ist entlang der östlichen Kernstadtkante eine bauliche Arrondierung der Bebauung möglich, um hier eine eindeutige Stadtkante gegenüber der Niersaue zu definieren.

5. Identität und Charakter

Durch die Entwicklung von Orten mit eigener Identität und einer funktionalen Bedeutung wird ein Gefühl des Stolzes und des Heimatgefühls für die Bürgerinnen und Bürger Mönchengladbachs gefördert. Dieser Stolz wird auch gefördert, wenn sie bildlich Besitz von ihr ergreifen können. Dies führt zu einer größeren Bereitschaft, die eigene Stadt zu pflegen und sich für sie einzusetzen.

Mönchengladbach hat im Verlauf seiner Geschichte einige herausragende Merkmale entwickelt. Beispielhaft seien die historischen Gebäude, das Museum Abteiberg und die vielfältigen Parks und Grünanlagen genannt. Allerdings wurden diese positiven Merkmale im Verlauf der Entstehungsgeschichte der Stadt durch uncharakteristische oder dem wirtschaftlichen Wachstum geschuldete Entwicklungen überlagert. Als Resultat wurde die Stadtlandschaft gestört – mit den bekannten Brüchen in der gebauten Umwelt und der Vernetzung der Stadt.

Der Masterplan fördert einen Teil der vergangenen Schönheit Mönchengladbachs wieder ans Tageslicht. Hierbei baut er auf die vielen positiven Eigenschaften der Stadt auf, um die ihr innewohnende Identität zu stärken.

Die Abtei liefert mit ihrer Lage auf der Flanke eines Hügels ein wiedererkennbares, symbolkräftiges Bild der Stadt. Leider wird es durch den Parkplatz am Fuße des Hügels beeinträchtigt. Die Erweiterung der Parkanlagen um den Geroweiher würde auf einfache Weise das historische Bild des Abteibergs als eine der zentralen Postkartenansichten Mönchengladbachs wiederherstellen.

Die Wiederbelebung bestehender nicht genutzter Gebäude von architektonischer oder geschichtlicher Bedeutung würde zur Charakterbildung der Stadt beitragen. Sie würden als örtliche Landmarken helfen, die Orientierung in der Stadt zu vereinfachen und die Stadtstruktur besser lesbar zu machen.